Homöopathie

Während die Medizin früherer Tage vorwiegend das leicht zu handhabende Verfahren der Unterdrückung lästiger Symptome anwandte, das im Endergebnis nicht befriedigte und den Krankheitszustand nachhaltig verschlimmerte, ging die Homöopathie einen anderen Weg. Die Homöopathie ist eine Richtung der ganzheitlichen Heilkunde.

Die Hauptsätze der Homöopathie sind:

1. Die Regel: Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt
2. Die Prüfung von Arzneien am gesunden Menschen
3. Die Gabenlehre.

Von diesen beruht die Ähnlichkeitsregel auf experimentellen Untersuchungen, die immer wieder zu ihrer Bestätigung führen, wenn es natürlich auch Ausnahmen davon gibt. Die Prüfung der Arzneien an Gesunden ist die Vorbedingung für die praktische Anwendung der Ähnlichkeitsregel, denn zuerst muß man wissen, welche Befindensänderungen und Symptome ein Mittel am Gesunden oder am relativ Gesunden hervorruft, bevor man es bei Krankheitszuständen, die ähnliche Symptome aufweisen, anwenden will. Die Dosierungskunst mit homöopathischen Mitteln beruht auf langjähriger praktischer Erfahrung. Das Arndt-Schulzsche Grundgesetz, nach dem kleine Dosen die Lebenstätigkeit anfachen, mittelstarke sie hemmen und stärkste sie aufheben, faßt diese Erfahrung zusammen. Andererseits zeigt eine Erstverschlimmerung an, daß ein Mittel richtig gewählt war. Man kann ganz allgemein sagen, daß ein passendes homöopathisches Mittel die heilsame Körperreaktion gerade in den Organen und Organsystemen auslöst, die erkrankt sind. Es unterstützt die oft mangelhaften und unzureichenden Selbstheilungsbestrebungen in milder und doch nachhaltiger Weise am richtigen Platze.

Die Schwierigkeit der homöopathischen Behandlung besteht gerade darin, daß man für jeden einzelnen Krankheitsfall das Mittel anwendet, das einen ähnlichen Zustand im Arzneiversuch hervorbringt. Man kann also einen Durchfall jedoch nicht ohne weiteres mit einem Mittel behandeln, das Durchfall erzeugt, sondern die Art des Durchfalles, sein zeitliches Auftreten, seine Schmerzhaftigkeit oder Schmerzlosigkeit, ja sogar die ganze körperliche Verfassung und Konstitution des Erkrankten und manches andere müssen berücksichtigt werden, wenn man einen schnellen Erfolg haben will.

Es ist also neben der stets erforderlichen Krankheitsdiagnose zusätzlich noch eine Arzneimitteldiagnose zu stellen, die sozusagen den passenden Arzneischlüssel zum Schloß der Krankheit herausfindet.

Bei der Arzneimitteldiagnose sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

Leitsymptome

Wichtige Leitsymptome sind z. B. der nicht erleichternde nächtliche Schweiß von Mercurius, der Brennschmerz von Arsenicum, der stechende Schmerz von Bryonia. Nicht selten gibt die Gewebsbeziehung des Arzneimittels erste Richtpunkte.

Organbeziehungen

Ergänzt wird dies durch die besonderen Organbeziehungen, die viele Mittel aufweisen. So kennt man Lycopodium, Berberis, Bryonia, Chelidonium als Lebermittel, Scilla, Cactus, Spigelia, Convallaria, Crataegus, und Kalmia als Herzmittel, um nur einige Beispiele zu geben. Ursache der Erkrankung
Nicht selten gibt auch die Ursache der Erkrankung wertvolle Fingerzeige. Veratrum album, Argentum nitricurn werden z.B. bei Folgen von Schreck; Dulcamara, Rhus toxicodendron bei Folgen von Durchnässung; Arnica bei Verletzungsfolgen und Nux vomica bei Folgen unzweckmäßiger Lebensweise mit Alkohol- und Kaffeemißbrauch vorzugsweise in Frage kommen.

Funktionelle Abläufe

Besondere Aufmerksamkeit schenkt die Homöopathie den einzelnen funktionellen Abläufen, wie das z.B. aus der gut bewährten Anzeige von Belladonna für klopfende Kopfschmerzen und Blutandrang zum Kopf hervorgeht. Darüber hinaus werden die sogenannten Modalitäten sehr beachtet, so die Tageszeiten des
Auftretens oder Verschwindens von Beschwerden, die Besserung oder Verschlimmerung durch Bewegung, Ruhe oder Temperatureinflüsse.

Subjektive Symptome

Nicht zu vergessen sind die subjektiven Symptome, z.B. beim Schmerz. Ob über stechende (Bryonia, Kalium carbonicum) oder brennende (Arsenicum, Cantharis) oder hineinschießende (Colocynthis) oder krampfhafte (Belladonna, Magnesium phosphoricum) Schmerzen geklagt wird, ist sehr wichtig für die Wahl des Arzneimittels.

Konstitutionelle Veranlagung

Das Entscheidende für die homöopathische Heilkunst ist die Berücksichtigung der konstitutionellen Veranlagungen. Der zu Ausschlägen geneigte Sulfurmensch, der Phosphor-Astheniker bestimmter Prägung, der magere, reizbare, verdrießliche und launenhafte Nux-vomica-Haemorrhoidarier sind lebende Gestalten, die der Homöopath bis in seine feinsten Körperformen und Charakterzüge vor sich sieht. Etliche Mittel eignen sich sogar vorzugsweise für dies oder jenes Geschlecht und Alter. Es ist daher kein Wunder, daß auch die Stimmungslage und der seelische Zustand sehr wichtige Anhaltspunkte für die Arzneimittelwahl abgeben können. Man sieht daraus, daß eine sachgemäße homöopathische Behandlung ein ganz anderes Denken voraussetzt.

Wie kann der Patient die Wirkung der Arzneien unterstützen?

Die homöopathischen Arzneien stellen keine stark wirkenden Mittel dar. Ein sofortiges Nachlassen der Krankheitssymptome um jeden Preis können und wollen sie keinesfalls erreichen. Es ist erwiesen, daß ein Unterdrücken der Symptome nicht gleichbedeutend ist mit Heilung der Krankheit. Auch bei homöopathischen Mitteln ist zur Behandlung die Mithilfe der Kranken notwendig.

Es sollten deshalb folgende Gesichtspunkte stets beachtet werden:

1. Die Medizin darf nur in der verordneten Menge eingenommen werden. Hier gilt nicht: „Viel hilft viel“.

2. Die Tropfen sollten unverdünnt oder nur in reinem Wasser eingenommen werden. Eventuell tropft man die vorgeschriebene Tagesmenge in ein Glas Wasser, das man dann schluckweise austrinken kann (kein Mineralwasser / kein Heilwasser!).

3. Die Tabletten läßt man am besten im Munde zergehen; da sie durch die Magensäure verändert werden.

4. Starke Gewürze oder Genußmittel wie Kaffee, Tabak und Alkohol, sollten während der Behandlung nicht genommen werden.

5. Die beste Entfaltung der Arzneikräfte findet dann statt, wenn die Mittel 1/4 Stunde vor oder nach den Mahlzeiten, oder auch früh nüchtern und abends kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden.

Wenn Sie diese 5 Punkte einhalten, unterstützen Sie wirksam die Heilung! Sollte in den ersten Tagen der Behandlung eine geringfügige Verschlimmerung der Symptome eintreten, so ist dies kein Zeichen, daß das Mittel nicht geeignet ist, sondern es zeigt sich hierbei im Gegenteil, daß Sie sehr gut auf das Präparat ansprechen. In diesem Falle ist es ratsam, die Dosis zu halbieren und dann allmählich die Tropfenzahl wieder zu steigern.Wichtig ist, den behandelnden Heilpraktiker oder Arzt zu informieren!

Zum Schluß sei noch ein ernstes Wort an den Laien gerichtet, der sich der Homöopathie bedient. Er muß wissen, daß eine kunstgerechte homöopathische Behandlung ein großes Wissen voraussetzt, das nur durch eine langjährige intensive Beschäftigung mit der Homöopathie zu erarbeiten ist. Der Laie wird sich daher von der Selbstbehandlung schwerer Krankheiten zurückhalten müssen.

Wenn er auch mit homöopathischen Mitteln in den geläufigen Potenzen nie Schaden stiften kann, so aber um so mehr durch falsche Mittelwahl und das dadurch sich ergebende Versäumnis die eigentliche Krankheit zu behandeln.

In meiner Praxis werden die homöopathischen Mittel zusätzlich durch eine individuelle Testung für den jeweiligen Patienten sowohl in der Mittelwahl als auch in der Potenz und Dosierung bestimmt. Die Behandlungserfolge zeigen, daß sich dadurch wesentlich schneller und gezielter ein Heilungsprozeß Schritt um Schritt unterstützen läßt. Voraussetzung ist, daß sich auch der Patient auf einen längeren Prozeß einläßt, der auf allen Gebieten seines Lebens eine Veränderung hervorrufen kann.